Er passt nicht so recht in die Gruppe der von mir bisher vorgestellten preußischen Generale, die bisher immer mit dem Kürassier-Regiment 7 verbunden waren. Trotzdem habe ich mich entschlossen, Adolph Friedrich Graf von der Schulenburg hier vorzustellen. Das hat v.a. 2 Gründe:
- Die Verbundenheit der Familie Schulenburg mit der Altmark und der Stadt Salzwedel
- Während der ursprünglich sehr oberflächlichen Beschäftigung mit genau diesem Schulenburg, begann mich die Person zu interessieren und ich entdeckte eine vielschichtige und bemerkenswerte Lebensgeschichte.
Die Quellenlage ist aussergewöhnlich gut. Neben dem Priesdorff findet der Name mehrfach Erwähnung in den „Kriegen Friedrichs des Großen“. In den zwei Bänden „Das Geschlecht der von der Schulenburg“ von Johann Friedrich Danneil findet er natürlich auch Erwähnung. Ich werde mich hier natürlich auf die militärische Seite seines Lebens konzentrieren.
- Adolf (in älteren Quellen Adolph) Friedrich Graf von der Schulenburg wurde am 08.12.1685 in Wolfenbüttel als Sohn des „fürstlich braunschweigisch lüneburgisch“ Geheimen Rats Friedrich Achaz geboren.
- 1701 Ritterakademie zu Lüneburg und Studien in Utrecht
- 1705/13 Teilnahme am Feldzug: Schlachten bei Ramilies, Oudenarde und Malpaquet
- zunächst als Freiwilliger, später in hannoverschen Diensten
- 1706 Rittmeister
- 1711 Major
- 02.03.1713 in preußische Dienste als Oberstleutnant beim Dragoner-Regiment von Hackeborn
- 27.06.1713 Regiment zu Pferde von Blanckensee (KR 4)
- 05.06.1714 Kommandeur dieses Regiments
- 1715 Teilnahme am Feldzug in Pommern, Belagerung von Stralsund, Landung auf Rügen
- 29.8.1718 Oberst
- 26.10.1719 Kommandeur de Grenadierregiments zu Pferde Freiherr von Derfflinger
- 01.02.1724 Chef des Regiments
- 04.07.1728 Generalmajor
- 07.12.1728 in den Reichsgrafenstand erhoben
- 1734 Teilnahme am Feldzug am Rhein als Begleiter des Kronprinzen
- 03.09.1739 Generallieutenant mit Patent vom 30.07.
- 26.06.1740 Ritter des „Hohen Ordens vom Schwarzen Adler“
- 10.04.1741 gefallen bei Mollwitz
Soweit die nüchternen biografischen Daten des Grafen. Einiges mehr aber ist aus den o.a. Quellen zum Leben des Generals zu erfahren, dass ich für bemerkenswert halte.
Adolph Friedrich von der Schulenburg stand beim Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. offenbar in besonderer Gunst. Mehrfach wurde er mit diplomatischen Missionen betraut, so war er einige Male mit besonderen Aufträgen in Hannover und London. 1732 sandte ihn der König nach Wien, um die Verlobung des Kronprinzen „anzuzeigen“. 1734 dann begleitete er den Kronprinzen Friedrich auf dem Rheinfeldzug der Österreicher. Hier verstand er es wohl, sich auch den künftigen König zum Freund zu machen und trug wohl auch dazu bei, dass sich das Verhältnis zwischen dem Soldatenkönig und seinem Sohn besserte. Schulenburgs Verhältnis zum Kronprinzen war so gut, dass man in höfischen Kreisen annahm, dass er nach dem Tod Friedrich Wilhelm I. Der „Allmächtige“ am Hofe sein würde, d.h. der unangefochtene Favorit des neuen Herrschers.
Schulenburg scheint selbst dieser Meinung gewesen zu sein, denn unmittelbar nach dem Tod Friedrich Wilhelm I. reiste er vom Standort seines Regiments Landsberg nach Berlin, wohl um seine neue „Stellung“ einzunehmen. Entgegen seiner Erwartungen wurde er jedoch ungnädig aufgenommen und scharf getadelt, da er sein Regiment ohne Erlaubnis verlassen hatte. Der Graf reichte – wohl beleidigt – seinen Abschied ein. Der König verweigerte diesen, verlieh ihm aber kurze Zeit darauf den Schwarzen Adlerorden „weylen Ich Euch wegen Eurer Meinem Hause geleisteten Dienste distinguieren will“.
Bald darauf eskalierte die Situation erneut. Friedrich II. besichtigte Schulenburgs Regiment und fand eine Eskadron nicht „en Ordre“. Er kritisierte den Grafen scharf und forderte ihn auf, das Regiment „besser en ordre zu setzen“. Schulenburg reichte daraufhin erneut seinen Abschied ein.
Die Reaktion Friedrich II. folgte auf dem Fuss. Er schrieb nicht an Schulenburg selbst, sondern nutzte General von Kalckstein als Vermittler.
„Mein lieber General Major von Kalckstein.
Weyl der General Lieutenant Graf von Schulenburg seine Unzufriedenheit spühren lässet, so sollet Ihr demselben vorstellen, daß er sich ja in Acht nehmen möge, jetzt seinen Abschied zu fordern, als welches im leid werden und er sich die unausbleiblichen Suiten nachgehends eintzig und allein zuzuschreiben haben würde. Er solle sie jetzigen Umstände bedenken. Der König wäre kaum zwei Monath todt, die Armee würde augmentieret, der Churfürst von der Pfaltz stünde mit einem Fuß im Grab, da es dann vermuthlich gar leicht zu einem generellen Krieg kommen würde.
Er soll also bedencken, wie schlechte Ehre ihm hierbey bringen könnte, wenn ein alter General zu solcher Zeit sich bloß geben und abdanken wollte. Seine Ursachen wären auch gantz nicht hinlänglich, denn Ich hätte ihm weiter nichts getan als geschrieben, daß die Normannsche Esquadron nicht en ordre gewesen und Ich haben wollte, daß er sein Regiment besser en ordre setzen sollte. Dieses ist recht und weil er Chef vom Regiment, so muß Ich mich desfalls an ihn halten, aus alter Freundschaft für ihn wollte ich nichts sagen, bis ich wieder zurück kähme. Wofern er aber alsdann doch sich verdreisten würde, die Dimission zu fordern, so wüßte Ich, was Ich zu thun hätte.
Außerdem hätte Ich vernehmen müssen, daß er in der Stadt in Gesellschaften von der Sache und Mir nachteilig sich zu sprechen unterstanden. Ungeachtet Ich gern die Leute frey reden ließ, wie sie wollten, wenn es mit Bescheidenheit geschähe, so mögte er Mich und Meine Sache menagiren und sich in Acht nehmen, daß er sich nicht weiter verginge, sonsten es ihn gewiß am ersten gereuen würde.
Friedrich. Ruppin. 13. August 1740“
Diese deutlichen Worte genügten dem Grafen Schulenburg noch immer nicht. Erst ein weiteres Schreiben vom 10.09.1740 brachte den Wandel. Friedrich schrieb an Kalckstein „wenn er weiter wieder Mir schuldigen Respect durch Bestehung auf seinem Abschied vorgreifen sollte, so könnte man mir nicht verdenken, ihn mit anderen Mitteln zur Reue zu bringen.“ Diese offene Drohung brachte Schulenburg dazu, sein Abschiedsgesuch zurückzuziehen.
Im Dezember 1740 rückte also Schulenburgs Regiment mit der Armee in Schlesien ein. Der Graf war dem Generalfeldmarschall Graf von Schwerin in Oberschlesien unterstellt und vertrat diesen gelegentlich.
Der Ärger aber nahm kein Ende. Am 26. Februar 1741 fiel dem König das Regiment „Grenadiers zu Pferde“ erneut unangenehm auf. Beim „Überfall bei Baumgarten“ wurde eine Eskadron nicht nur durch österreichische Husaren arg zusammengehauen, sondern zeigte deutliche Anzeichen mangelnder Disziplin. Friedrich II. war Augenzeuge des Gefechts und wurde durch die schlechte Haltung der Schulenburgischen „Grenadiere“ unmittelbar in Gefahr gebracht.
Friedrich schrieb unter dem Eindruck der Geschehnisse an Schulenburg einen ausführlichen Brief, in dem er dem General die Ereignisse ausführlich beschrieb, ihn einen „braven und meritierten Officier“ aber um so mehr von ihm forderte, die Disziplin in seinem Regiment durchzusetzen.
„ So recommendire Ich Euch noch mahlen auf das Allerhöchste, bei dem Regiment eine gute Ordre, subordination und Dicziplin einzuführen, welchen bei den Officiers sowohl, als bei den Gemeinen geschehen muß, so daß diese allemal au pied de lettre dasjenige thun müßten, was und wie es ihnen anbefohlen worden, ohne darüber zu raisonnieren noch mitzusprechen, damit das Regiment dadurch im Stande komme den gestern empfangenen großen Schimpf und Affront bey ersterer Gelegenheit wieder auszuwetzen.
Es erfordert solches nicht nur Eure reputation und die Ehre des Regiments, sondern auch mein Dienst …“
Eine deutliche Ansage an den General und ein Appell an seine Offiziersehre. Friedrich II. erkannte dem Regiment desweiteren seine Grenadiermützen ab, die als Zeichen der Zugehörigkeit zu einer Elitetruppe galt. Eine solche Aberkennung von Ehrenzeichen war eine durchaus übliche Form der Bestrafung von Truppenteilen, die die Erwartungen des Königs nicht erfüllt hatten.
Wenige Wochen später, in der Schlacht bei Mollwitz am 10. April 1741, befehligte Schulenburg die Kavallerie des rechten Flügels der Preußen. Seine in zwei Treffen aufgestellten 10 Schwadronen waren der österreichischen Kavallerie weit unterlegen. Die von ihm persönlich geführten 5 Eskadronen des ersten Treffens wurden durch die Österreicher überrannt ehe sie sich formieren konnten. Schulenburg, obwohl schwer verwundet im Gesicht, versuchte die versprengte Kavallerie zu sammeln und setzte sich mit den Offizieren seiner Leibschwadron an die Spitze eines erneuten Angriffs. Doch ihm folgte lediglich eine Schwadron, die anderen 4 des zweiten Treffens wandten sich zur Flucht. Im Gefecht kam Schulenburg durch eine Kugel zu Tode.
Das Versagen der Kavallerie bei Mollwitz brachte tiefgreifende Veränderungen für diese Waffe mit sich. Friedrich II. begann unmittelbar nach der Schlacht die Einsatzgrundsätze zu ändern und widmete sich der Ausbildung seiner Reiter.
Generalleutnant von der Schulenburg wurde nach Beetzendorf überführt und beigesetzt. Seinen Erben wurde eine von 4 goldenen Gedenkmünzen übergeben, die anlässlich der Schlacht von Mollwitz geschlagen worden waren.
Das Regiment „Grenadiers zu Pferde“ (ohnehin mit 10 Eskadrons doppelt so stark als vorgesehen) wurde wenige Wochen später aufgelöst und bildeten die Dragoner-Regimenter 3 und 4.
Ausserhalb seiner militärischen Tätigkeit war Adolph Friedrich Graf von der Schulenburg deutlich erfolgreicher. Er gilt als Begründer der Wolfsburger Linie der Schulenburgs, konsolidierte seine Güter, insbesondere das altmärkische Beetzendorf mit dem Nebengut Osterwohle nahe Salzwedels, galt als gebildeter, freundlicher und ehrlicher Mann.
Als Offizier und Truppenführer scheint er jedoch weniger erfolgreich gewesen zu sein. Sein Verhalten nach der Zurückweisung des jungen Königs lässt enttäuschte Erwartungen vermuten