Die neueste Kreation aus Redmond wurde mit großem Tamtam beworben und mit noch größerem Trommelwirbel veröffentlicht. Hauptargument: Microsoft verschenkt sein neues Betriebssystem an alle glücklichen Besitzer der beiden letzten Windowsversionen. Die Frage die sich da aufdrängt: warum ein Konzern wie es eben auch Microsoft ist ein Produkt verschenkt?
Einer der möglichen Gründe könnte sein, dass durch andere, alternative Betriebssysteme erkennbar am Monopol gerüttelt wird. Nein, nicht das ernsthaft eine Gefahr für Windows besteht, vom Markt verdrängt zu werden. Der Softwareriese hat unter anderem mit seiner Preispolitik gegenüber den Hardwareherstellern clever vorgesorgt (OEM-Lizenzen), aber immerhin scheint Microsoft das „Verschenken“ von Windows 10 als probates Mittel der Erhaltung oder dem Ausbau der Marktposition zu sehen. Ich glaube Gandhi äußerte einmal: „Erst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich.“. Phase 3 scheint erreicht, endgültig …
Solche Überlegungen sind natürlich nicht der einzige Grund, warum eine „frische“ Upgradeinstallation von Windows 10 bereits nach einer Woche umgehend vom Notebook verschwand. Auch die Nichterfüllung großmäuliger Werbeversprechen – ich hatte ohnehin meine Zweifel – waren nicht der Hauptgrund. Vielmehr stellt sich nach Prüfung und diversen Tests Windows 10 als wahres Spionageungetüm heraus.
Natürlich verschenkt Microsoft Windows 10 nicht wirklich. Durch die Vergabe einer „Werbe-ID“ für jede Installation und die Sammlung entsprechender Daten, die anschließend mit „Dritten geteilt“ werden, wird das Geschäftsmodell deutlich: Windows 10 soll durch Werbung/Datenhandel finanziert werden. Die per Grundeinstellungen aktivierten Spionagefunktionen gehen allerdings über solche – leider am Markt ja nicht unüblichen – Methoden hinaus:
- Windows 10 kann „Informationen zum Schreibverhalten“ an Microsoft senden, quasi ein eingebauter Keylogger
- das Betriebssystem erfasst ungefragt den Standort des Gerätes und sendet die Daten an MS
- per Defaulteinstellungen kann der neue Browser Edge, aber auch Apps wie Twitter und Facebook auf (eventuell vorhandene) Kameras und Mikrophone zugreifen. Gerade bei Notebooks ja keine Seltenheit, das derartige Geräte verbaut sind
- Cortana – der vielgepriesene „Assistent“ in Windows 10 – sammelt u.a. „Informationen wie Kontakte, aktuelle Kalenderereignisse, Sprach- und Handschriftenmuster sowie den Eingabeverlauf“
- die Sendung von „Diagnose- und Nutzungsdaten“ können gar nicht abgeschaltet werden, lediglich einschränken
- für die Synchronisation über mehrere Geräte hinweg werden neben dem Browserverlauf auch Passwörter von WLAN und Webseiten auf MS-eigenen Servern gespeichert
Einige dieser Voreinstellungen lassen sich zwar deaktivieren, sind aber nur über (absichtlich?) breit gestreute Dialogfelder zu konfigurieren. Um überhaupt keine Meldungen an Microsoft senden zu lassen, muss man in der Registry arbeiten bzw. Group Policies definieren. Beides Handlungen die wohl weit über die Fähigkeiten (und Interessen) von „Otto Normaluser“ hinaus gehen.
Per Standardeinstellungen protokolliert Windows 10 sowohl Surfverhalten als auch wann, mit welchem Programm und wo welche Daten durch den jeweiligen Nutzeran seinem PC erstellt werden, sammelt diese Daten und speichert sie auf den Servern von Microsoft. Bei Bedarf ist auch das Filmen und Abhören der jeweiligen Nutzer möglich …
Wie alle amerikanischen Firmen, ist auch Microsoft per Gesetz verpflichtet, eng mit Behörden und staatlichen Institutionen zusammen zu arbeiten. Es ist zudem noch nicht lange her, dass gerade die Redmonder Firma der engsten Zusammenarbeit mit US-Geheimdiensten überführt wurde (ich denke, im Zusammenhang mit der Einführung des Maildienstes outlook.com durch Microsoft).
Abschließend die Stellungnahme der Free Software Foundation (FSF):
„Die FSF empfiehlt dringend, von der Benutzung von Windows 10 Abstand zu nehmen …“
Ich auch …
(u.a. basierend auf dem Editorial von Jörg Luther, „LinuxUser“ 09.2015)
Hallo Karsten,
wo unterscheidet sich MS von Google und Apple? Natürlich möchte MS was vom großen Kuchen abhaben, mit dem sich jeder Smartphonenutzer mittlerweile völlig desinteressiert hingibt. Standortmittteilung, Absturzmelder, etc. sind doch längst alte Hüte. Selbst Firefox, nach einer Standardinstallation mit Linux Mint 17.1 ist auch sehr kommunikationsfreudig. Können wir etwas dagegen tun? Ja. Abschalten, Abschalten, Tutorials lesen, weiter konfigurieren. Eigenes Netz nutzen, Owncloud, etc. Das ist aber nur denjenigen vorbehalten, die sich dafür interessieren, oder so wie Du und Ich beruflich damit zu tun haben. Die „große Masse“ wird damit nicht erreicht. Es ist schwer, mit der Nutzung von vernetzten Geräten, sich der Datensammelei zu entziehen.
Hallo Peter,
du hast natürlich in Vielem recht. Apple kenne ich kaum, Google fragt (zumindest ist es mir noch nicht anders begegnet) ob die Standortdaten übermittelt werden sollen.
Der Punkt Keylogger erscheint mir allerdings bedenklich, ebenso Cortana.
Ansonsten: ja abschalten und konfigurieren. Und auf die Probleme aufmerksam machen, Hilfe anbieten…
Gruß
Karsten