Persönliches auf einem Blog? Gefährlich, etwa genauso gefährlich wie der heute übliche Seelenstriptease auf dem “Fratzenbuch”. Trotz dieser Bedenken meinerseits will ich heute und hier einiges sehr Persönliches veröffentlichen. Als Denkanstoß, als Wortmeldung …
In diesem Jahr 2014 jährt sich der Beginn des bis dahin mörderischsten Krieges der Menschheitsgeschichte zum 100. Mal. Als dieser Krieg nach 4 Jahren zu Ende ging, konnte sich kaum jemand vorstellen, dass dieser staatlich organisierte und sanktionierte Massenmord noch einmal eine Steigerung erfahren könnte. Und doch war es so, 21 Jahre nach dem Ende des ersten begann der zweite große Krieg. Noch schlimmer, noch blutiger und in einem bisher nicht gekanntem Ausmaß, starben in diesem Krieg nicht in erster Linie Soldaten, sondern Millionen Zivilisten fanden den Tod, wurden ermordet, abgeschlachtet.
Nach dem Ende des II. Weltkrieges formierten sich zwei Militärblöcke, die sich – immer am Rande eines Krieges – bis an die Zähne bewaffnet gegenüberstanden. Auf beiden Seiten des “Eisernen Vorhangs” standen Armeen, die eine Größe erreichten, die wenige Jahre vorher einfach unvorstellbar gewesen sind. Die Feuerkraft dieser Verbände erreichte eine Dimension, die zur mehrfachen Vernichtung der Menschheit ausgereicht hätte. Die Kosten dieser gigantischen Militärmaschinerie führte schließlich zum Kollaps einer der beiden “Supermächte”, ein Schicksal dem die andere wohl nur knapp entging.
Bereits kurze Zeit nach dem Zusammenbruch der einen Weltmacht, nach der vertanen Möglichkeit, eine wirkliche “Friedensordnung” zu etablieren, wird durch die überlebende Kraft des gerade überstandenen “Kalten Krieges” erneut gezündelt. Fest gefangen im Wahn die einzige bestimmende Kraft in der Welt zu sein und – noch schlimmer – im Bestreben die einzige Weltmacht bleiben zu wollen, erleben wir im Moment den Amoklauf der us-amerikanischen Politik. Nach sinnlosen, verlustreichen und erfolglosen Kriegen der USA über den gesamten Erdball verteilt, wird heute in der Ukraine “Krisenmanagement” betrieben wie zu den dunkelsten Zeiten des Kalten Krieges.
Und Deutschland? Unsere Politik handelt wie ein williger Lehnsmann: ohne eigene Ideen, unselbständig und gehorsam. Erhofft man sich doch auf diese Weise den “Deutschland zustehenden Platz” in der Welt zu erlangen. Verbrämt wird diese Nibelungentreue mit Freiheits- und Demokratiegeschwafel, Gerede vom Kampf um die Menschenrechte und man hat einen alten, neuen Feind etabliert. Aus allen medialen Rohren versucht man dem deutschen Volk den “Russen” als Feind zu präsentieren. Bisher scheinen diese Versuche weitestgehend erfolglos zu sein. Bis jetzt …
Was hat das alles mit mir und meiner Familiengeschichte zu tun? Vieles. Alles.
Beschäftigt sich jemand von euch mit seiner Familiengeschichte, habt ihr einen “Stammbaum” eurer Familie? Da ich einen Bruder habe, der eifrig dieses Gebiet erforscht, da mein Vater vor etwa 75 Jahren seine arische Herkunft beweisen und mein Großvater mütterlicherseits seine “volksdeutsche” Mutter schützen wollte, verfügen wir über zahlreiche, mehr oder weniger aussagekräftige Dokumente zur Familiengeschichte.
An meiner Fotowand hängen einige “historische” Familienbilder, das älteste ca. 100 Jahre alt. Daneben ein Wappen, heraldisch verbürgt und in einigen Werken zum Thema aufgeführt. Dieses Wappen scheint echt zu sein, es unterscheidet sich vom Wappen einer im späten 18. Jahrhundert “erloschenen” adligen Familie von Seel lediglich durch das Fehlen der ritterlichen Insignien. Der Familiensaga nach, wurde es für die fortlaufend treuen Dienste die meine Vorfahren den Hohenzollern geleistet haben, verliehen. Zweifel kommen kaum auf, waren einige Generationen meine Vorfahren doch als Verwalter eines Domänengutes – also den Preußenkönigen gehörend – tätig. Letzter dieser Reihe war mein Urgroßvater. Während einer der Söhne den Verwalterberuf “erbte”, wurden die Nachgeborenen Handwerksmeister. Allen gemeinsam war, dass sie im Vorfeld einige Jahre Militärdienst leisteten. Vor der Einführung der Wehrpflicht, waren die später zu Handwerksmeistern bestimmten Söhne meist Unteroffiziere im preußischen Heer.
All diese Dokumente, Bilder zeigen vor allem Eines: zu jedem “patriotischen” Ereignis der letzten ca. 350 Jahre gibt es einen familiären Bezug. An jedem der zahlreichen preußischen/deutschen Kriegen dieser Zeit, hat einer meiner Vorfahren oder einer seiner Brüder teilgenommen. Kaum eine Generation, die nicht wenigstens einen gefallenen Soldaten zu verzeichnen hat. Anhand dieser Dokumente ist eine lückenlose militärische “Karriere” der Familie nachweisbar. Erst die DDR machte es möglich, dass die erreichten Dienstgrade in den Offiziersbereich “rutschten”.
Diese Liste macht mich heute vor allem nachdenklich. Bei Fehrbellin, Leuthen, Sedan, Verdun und Tannenberg fielen Vorfahren oder deren Verwandte bzw. trugen Verwundungen davon. “Gloria et Patria” war die Losung über viele Jahre hinweg. Am Ende steht die Frage: Wofür?
Solche Überlegungen waren mir als junger Mann fremd. Aus Überzeugung und Begeisterung für das Militär wurde ich Offizier. Die Überzeugung hielt auch unter den Bedingungen die grenzsichernde Einheiten in der DDR zu bieten hatten, die Begeisterung erhielt erste Dämpfer. Meine 8jährige Militärlaufbahn wurde durch die deutsche Wiedervereinigung beendet. Eine Weiterverwendung in den Reihen des damaligen Bundesgrenzschutzes, der heutigen Bundespolizei, kam für mich aus politischen Gründen nicht in Frage. Abgesehen von sozialen Einschnitten und Veränderungen die die nunmehr erforderliche berufliche Umorientierung mit sich brachte, setzte ein Umdenkprozess ein, der zur Hinterfragung vieler Grundüberzeugungen führte. Einen weiteren Schub erfuhr dieser Vorgang durch den Tod meiner Eltern Anfang der 2000er, stießen meine Geschwister und ich im Nachlass doch auf ein überraschend umfangreiches “Familienarchiv”, dass Einiges von dem o.a. dokumentierte.
Ich bin froh, dass mein 23jähriger Sohn nie eine Uniform tragen musste und hoffentlich auch nie tragen muss. Aus heutiger Sicht sollte Militär allenfalls der Verteidigung dienen, Verteidigung in sehr abgesteckten Grenzen.
Die deutsche Politik der letzten 20 Jahre hat diese Grenzen längst verlassen. Großmachtstreben führte dazu, dass deutsche Soldaten wieder in der halben Welt im Einsatz sind. Noch nicht in offen geführten Kriegen – auch wenn der Einsatz in Afghanistan sehr nahe an einem Krieg ist. Vorläufiger Höhepunkt dieser unsäglichen Entwicklung ist der Einsatz der “Militärbeobachter” in der Ukraine, die mit fragwürdiger Legitimierung versehen, meiner Meinung nach nur dem Zweck der weiteren Eskalation dienen sollten. Durch die Politiker wurde der Tod dieser 4 Bundeswehrangehörigen wohl bewusst mit einkalkuliert. Als Jongliermasse einem “höheren” Zweck bewusst geopfert zu werden – das ist wohl das perfideste, was einem Soldaten, einem Menschen passieren kann.
Die deutsche Politik führt nach meiner Meinung gegen die Verpflichtung des Grundgesetzes im Moment die Vorbereitung eines Aggressionskrieges durch. Derzeit v.a. propagandistisch und politisch. Sollte die derzeitige Entwicklung so weiter gehen, werden weitere Schritte folgen – wirtschaftliche und militärische. Die letzteren werden allerdings die größten Schwierikeiten mit sich bringen. Organisatorisch sind bereits erste Schritte durch die “Aussetzung” der allgemeinen Wehrpflicht unternommen worden …
Noch ist dieses Szenario verhinderbar, noch sind die “Würfel nicht gefallen” …
Familiengeschichten wie die meine sind kein Einzelfall, ganz im Gegenteil. Man sollte versuchen sich dieser Dinge zu erinnern, um sich all das Leid und den Tod zu vergegenwärtigen, die unsere Vorfahren zu ertragen hatten. Um eine Wiederholung zu verhindern …